Europa ist hoch verschuldet. Langfristig führt kein Weg daran vorbei, dass es vermehrt auf das Geld seiner Bürger zugreift. Weil sich die Schweiz an die EU angedockt hat, wird sie in Mitleidenschaft geraten. Für Anleger empfiehlt es sich, in physische Werte zu investieren und umsichtig zu diversifizieren – nicht nur nach Anlageklassen, sondern auch geografisch. Dies schreibt der renommierte unabhängige geopolitische Ökonom Christian R. Takushi.
Viele Menschen sehen sich zunehmend mit vielen Veränderungen, Nachrichten und stark auseinander klaffenden Meinungen konfrontiert. Die neue US-amerikanische Sicherheitspolitik (National Security Strategy, NSS) ist die neueste Nachricht, die Menschen in Europa inklusive der Schweiz, verunsichert.
Man könnte fast meinen, es sei alles nur noch unvorhersehbares Chaos. Dem ist – Gott sei Dank – nicht so. Einerseits ist vieles, was heute geschieht seit langem zu erwarten gewesen (ja, unsere Politiker wurden davor gewarnt). Andererseits gehen aus der Konvergenz von geopolitischen und makroökonomischen Krisen einige konkrete Ideen für die Anlagestrategie von institutionellen sowie privaten Anlegern hervor.
Geopolitik, Gold und Crypto im Griff der Marketingmaschinerie
Jahrelang bekam ich am Mittagstisch von Anlagekonferenzen zu hören: "Christian, deine Rede hat uns die Feierstimmung etwas getrübt. Kein Bankstratege denkt, dass die Geopolitik die Finanzmärkte beschäftigen wird" – weil ich über geopolitische Krisen, Kriege und die Notwendigkeit, Gold zu halten, sprach. Heute sehe ich wie unzählige Unternehmen mit Geopolitik und Gold viel Geld machen wollen. Auch viele Banken sind mittlerweile auf den fahrenden Zug aufgesprungen.
Jetzt, wo selbst die Politik und die Banken viel von Gold und Bitcoin reden, warne ich davor, zu viel und unbedacht in diese Anlagewerte zu investieren, die ich lange empfohlen habe. Mein Tipp: Abhandlungen über Geopolitik sollten Klarheit schaffen und nicht Konfusion.
Drei Themen dominieren die geopolitische und finanzielle Welt
a) Nachdem übermässige fiskalische und geldpolitische Stimulierungspakete das Wirtschaftswachstum im Westen über 50 Jahre gestützt haben, geraten die Haushaltsdefizite ausser Kontrolle. Unsere Wirtschaft sowie Häuser- und Aktienpreise sind aufgebläht worden.
b) Jeder für sich: Geopolitische Spannungen veranlassen Nationen weltweit, ihre Position gegenüber den Grossmächten und Israel neu zu bewerten. Im Nahen Osten läuft alles zusammen.
c) Wenn Supermächte sich überschätzen: Immer mehr Investoren meiden den US-Dollar und europäische Banken (Euroclear) – sie sehen diese als geopolitische Waffen Washingtons bzw. Brüssels. Misstrauen breitet sich aus, da neu Währungen und Staatsanleihen geopolitische Waffen sind. Reiche Asiaten sehen die arg überschuldeten G7-Staaten in Einfrierungs- und Konfiszierungslust.
Konvergenz von Krisen
Diese drei Tendenzen dominieren zurzeit das Weltgeschehen und verstärken sich gegenseitig. Man könnte eine lange Abhandlung über diese Prozesse machen. Aber für den KMU-Unternehmer in Stuttgart, die Personalchefin in Lyon, den Informatiker in Birmingham und ja, sogar für die geld-anlegende Hausfrau im Berner Oberland ist vor allem eines relevant: Der Staat wird verstärkt auf die Privatvermögen der Bürger zugreifen müssen.
Der Staat wird neue Steuern einführen und bestehende Steuern erhöhen müssen. Seit dem Jahr 2013 diskutieren EU-Finanzminister über notwendige Massnahmen, um die kommende Fiskalkrise zu meistern. Paris und Berlin sprechen von der "Mobilisierung inaktiver Privatvermögen", "Geld ist da, wir müssen einfach drauf zugreifen", hat ein führender Staatschef gesagt. Unrecht hat die Politik nicht. Wenn man hochrechnet, was den europäischen Staaten in den nächsten 15 Jahren an Geld fehlt, so entspricht dies ziemlich dem, was die Bürger an Privatvermögen besitzen. Zufall?
Europa ist tief verschuldet und die Geldpresse wirkt sich bereits inflationär aus. Europa verfügt nicht über eine Weltwährung, also muss es ihre Bürger stärker belasten. Ausnahmesituationen wie Covid, Klimawandel, Krieg und Wiederaufrüstung geben dem Staat die nötigen Exekutivbefugnisse.
Was ist das Hauptszenario?
Wenn Europa einer Kriegseskalation entgehen kann, so bleibt das Hauptszenario die Überwindung der kommenden Finanzkrise. Das Geld wird nicht nur verstärkt entwertet werden, der Staat wird auf die Restguthaben auf dem Konto, Sparkonto und später auf der Pensionskasse greifen müssen. Offiziell spricht man von der Mobilisierung von Vermögenswerten. Der Staat dürfte einerseits die Steuern schrittweise erhöhen und andererseits die Pensionskassen dazu anhalten, in Net Zero und Verteidigung zu investieren. Die offiziellen Inflationszahlen werden die tatsächliche Geldentwertung noch stärker unterschätzen als bislang. Man muss nicht ein Experte sein, um zu ahnen, was einer alternden überschuldeten Gesellschaft blüht, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht und sich sogar strategisch mit allem und anderen Grossmächten verschätzt hat. Doch Europa dürfte für eine Überraschung gut sein.
Und die Schweiz?
Die Schweiz ist fiskalpolitisch noch einigermassen gesund unterwegs, aber sie hat sich schon seit Jahren so an die EU angekoppelt, dass sie von diesen Ereignissen auch betroffen sein wird. Anti-Amerika-Reflexe und der Zuzug von Millionen aus dem EU-Raum sichern den "finanziellen Anschluss" an die EU. Bundesbern wird kräftig zur Kasse gebeten werden. Darüber dürfen wir uns keine Illusionen machen.
Europas Aufbruch
Während viele Experten den Untergang Europas voraussehen, sehe ich seit langem das Gegenteil voraus – aus der Krise heraus wird ein europäischer Superstaat entstehen.
Dieses europäische Konstrukt dürfte dank ungeahnter Zentralmacht massive Investitionen sowie Wirtschaftswachstum auslösen. Es wird grosse Dynamik entfalten. Es wird allerdings die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben signifikant unter Kontrolle bringen (müssen).
Wie anlegen?
Infolge dieser Entwicklungen macht es Sinn, vermehrt in physische Werte anzulegen. Da gibt es eine ganze Reihe an Möglichkeiten – je nach Risikofähigkeit des Anlegers: Die Bandbreite reicht von Goldbarren und Silbergranulat über Goldminen-Aktien und Rohstoff-Fonds bis hin zu Gold ETFs. Krypto würde ich nicht ganz ausschliessen, da viele Regierungen – unter anderen die US-amerikanische – Krypto in ihre Reset-Strategie aufgenommen haben.
Ob ein Verzicht auf Aktien sinnvoll ist, müsste man im Einzelfall genauer abschätzen, denn in einer Zeit der Geldentwertung können Aktien Abhilfe leisten. Sollte der Pleite-Staat tatsächlich massive Investitionen anordnen, so könnten viele Aktienwerte davon profitieren. Der grosse Verlierer dieser geopolitischen Ära sind die Staatsanleihen der G7 Staaten. Natürlich zwingt der Staat Pensionskassen, Banken und Versicherungen in die heimischen Staatsanleihen zu investieren, Privatanleger sollten aber vorsichtig sein. Wer über die nötigen Kenntnisse verfügt, wird allerdings taktisch von den volatilen US-Zinsen profitieren können.
Im Grunde spricht diese neue Zeit für eine umsichtige Diversifikation. Nicht nur über Anlageklassen, sondern auch geographisch.
Wenn der verschuldete Staat mehr Steuern erhebt, könnte es sinnvoll gewesen sein, ein Teil seiner physischen Vermögenswerte in geopolitisch neutrale und nicht-überschuldete Länder zu verlagern. Einige Schweizer haben ihren Fiskalsitz bereits verschoben. Das käme für viele nicht in Frage. Aber während die Schweiz und Deutschland das weltweite Einkommen besteuern, kennen Länder wie Singapur und Uruguay nur die territoriale Besteuerung. Sie sagen: "Warum sollen wir das besteuern, was Sie im Ausland verdienen?" Der Trend wird stärker, denn der Staat in Europa wird die Steuern noch weiter anziehen müssen, um die Steuerausfälle ihrer eigenen Politik auszugleichen. Ein Beispiel: Alleine dieses Jahr verlassen 17’000 Millionäre Grossbritannien. Die Steuereinnahmen dürften einbrechen und der Staat einer Finanzkrise zusteuern. In Singapur, Dubai und Punta del Este trifft man auf viele Europäer, die auf der Suche nach einer neuen Heimat sind.
Steuerlich mobile Personen, die nicht im Einzugsgebiet der G20-Staaten sind, dürften in den kommenden Jahren finanziell mehr Schutz vor staatlichen Steuerübergriffen haben. Den meisten G20 Staaten gehen die jungen Arbeitskräfte aus. Diese Staaten sind bereits hoch verschuldet, wollen aber noch mehr Geld für Net Zero, den Sozialstaat und die Verteidigung ausgeben.
Investieren und Geben: In solchen Zeiten sollte man auch vermehrt in Schulen, die eigene Bildung (Sprachen), praktische Fähigkeiten sowie soziale Projekte investieren. Mein persönlicher Fokus in Krisenzeiten sind christliche Schulen.
Gold und Bitcoin werden komplementär zueinander
Gold befriedigt zwar das Bedürfnis nach Sicherheit, aber nicht das wachsende Bedürfnis nach finanzieller Mobilität – insbesondere unter jungen Amerikanern. Für sie sind Bitcoin und andere Krypto-Assets besser geeignet als physische Güter, die der Staat leicht kontrollieren, beschlagnahmen und deren Ausfuhr verhindern kann. Der Wettbewerb zwischen Gold- und Bitcoin-Investoren ist verständlich, aber unnötig. Beide haben Vor- und Nachteile und ergänzen sich zunehmend.
Gold ist nicht unanfällig
Viele Anleger feiern die bevorstehende Ablösung des auf dem US-Dollar basierenden Währungssystems und begrüssen bereits die nächste Phase einer massiven Neubewertung von Gold und Silber.
Die Triumphstimmung der Goldliebhaber ist nachvollziehbar, doch Vorsicht ist geboten. Das Potenzial von Gold ist sehr hoch, aber sein aktueller Boom ist nicht unanfällig. Der langjährige "grösste Feind des Goldes" und der Goldanleger ist zum grössten Käufer geworden. Die Zentralbanken haben dies bereits erkannt und könnten den Preis beeinflussen.
Das Hauptproblem vieler westlicher Goldanleger besteht nicht darin, mehr Gold zu kaufen, sondern es im Rahmen einer geopolitischen Diversifizierung in einen sicheren Hafen auf der Südhalbkugel zu transportieren. Daher beschränkt sich die Nachfrage im Westen nun weitgehend auf Fonds (ETFs etc.). Gold-ETFs bergen Risiken, aber auch physisches Gold. Viele Goldbesitzer befürchten "konfiskatorische" Massnahmen durch ihren überschuldeten Staat. Mehrere G7-Staaten erklären, dass sie ihre Augen auf die Goldbestände ihrer Bürger setzen.
Ein Goldstandard dürfte von kurzer Dauer sein
Ein Goldstandard zwingt zur Haushaltsdisziplin – diese will keiner. Die Wirtschaft der westlichen Mächte befindet sich in einer zu desolaten Lage, und die Abhängigkeit ihrer Konsumenten von monetären Anreizen und Sozialleistungen ist zu ausgeprägt, als dass der Goldstandard auf Dauer Bestand haben könnte. Um einen Systemzusammenbruch zu verhindern, werden unsere Regierungen ihre Absicht signalisieren, Gold als Standard einzuführen, aber nur, um das Vertrauen wiederherzustellen.
Sobald die Systemstabilität wiederhergestellt ist, benötigen die G7-Staaten wieder die politische Flexibilität, nach eigenem Ermessen Geld auszugeben. So werden Wahlen gewonnen, Inflation erzeugt und Unternehmen flott gemacht.
Ein Goldstandard ist nur mit einer einigermassen moralischen Gesellschaft vereinbar. Disziplin ist derzeit sowohl bei Konsumenten als auch bei Politikern unwillkommen. Ein Goldstandard wird daher nur von kurzer Dauer sein. Der Goldpreis könnte danach einbrechen.
Ein Reset steht also bevor – für Menschen, die sich auf die Krise vorbereitet haben, ist dieser eine Quelle grosser Chancen. Jeder kann innerhalb seiner Verantwortung und Möglichkeiten sein Bestes tun. Für den Rest darf man auf Gott vertrauen.
Christian R. Takushi ist Makroökonom und geopolitischer Stratege mit 34- jähriger Erfahrung als Forscher, Fund Manager und Stratege in der Investment Industrie. Er hat bedeutende politische wie auch wirtschaftliche Ereignisse vorausgesagt (u.a. CHF Breakout in 2011, CHF-EUR Peg Abbruch 2014, Brexit, Trump (2016 & 2024), Blockade von Handelsrouten, Rückkehr der Kriege). Dank seiner Expertise über Asien, Nahost und Lateinamerika berät er als unabhängiger geopolitischer Ökonom Regierungen, Parlamentsausschüsse, Zentralbanken, Unternehmen, Pensionskassen und Asset Manager.
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Für strategische Wirtschaftsberatung an Unternehmen:c.takushi@geopoliticalresearch.com
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